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Das Bautagebuch - eine Sinfonie aus Grau und Schlamm

Yvonne baut einen eigenen Stall für die Praxis für Ergo- und Reittherapie. Und mit unserem Bautagebuch nehmen wir Dich mit auf unsere spannende Reise - von der Bauplanung bis hin zum Einzug der Ponys! 

Heute geht es nicht um die Bauarbeiten am neuen Stall, sondern um die Beschaffung der Rohstoffe. Denn während die Baustelle immer konkrete Formen annimmt (hier findest Du alle Beiträge zum Bautagebuch), stellen wir uns am andere Ende des pittoresken Örtchens einem nie dagewesenen Kampf zwischen Frau und Paddockplatten. Und es geht dabei leider nicht um das Verlegen der Platten, sondern deren Demontage. 


INFO

Es freut uns wirklich sehr, dass sich bereits im Vorfeld der konkreten Maßnahmen so viele Menschen für unser Stallprojekt interessieren. Aber bitte seht davon ab, uns nach Einsteller-Plätzen zu fragen. In unserem Stall werden ausschließlich unsere eigenen Therapieponys wohnen. Wir werden keine Einsteller aufnehmen. Danke für Euer Verständnis!


Wie jetzt? Demontage?!

Wer nun denkt: "Wie jetzt?! Demontage?! Ihr habt doch noch gar nichts verlegt" hat nur teilweise Recht. Auf dem alten Reitplatzgelände, das seit 2012 nicht mehr genutzt wird, befinden sich nämlich noch einige hundert Quadratmeter TTE-Paddockplatten. Tief verbuddelt unter der Tretschicht, die ich liebevoll eine Sinfonie aus Grau und Schlamm nenne. Im Sinne der Nachhaltigkeit und auch, weil der alte Reitplatz am anderen Ende des Ortes eben nicht mehr als Reitplatz genutzt wird, haben wir uns entschlossen, die Paddockplatten auszubauen und wiederzuverwenden. Mit diesen Paddockplatten soll später ein Teil des Trails befestigt werden. (Für den Rest des Trails kommen wahrscheinlich andere Befestigungsoptionen zum Tragen, aber das erzähle ich Dir in einem späteren Blogbeitrag).

Paddockplatten verlegen, abbauen, rückbauen
Bauherrin Yvonne und Allround-Talent Mama Anni - ein Dream-Team im Kampf gegen die Paddockplatten. Und man sieht: mit schickem, weißem Reithöschen kommt man nicht weit...

Superwomen versus Paddockplatten

Es wird einem ja immer als ganz wunderbar verkauft: Die Paddockplatten sind durch das vierseitige Verbundsystem super easy zu verlegen. Und natürlich sorgt dieses Verbundsystem auch dafür, dass ein Aufkanten der Platten nicht möglich ist. Wenn man also munter Paddockplatten verlegt, verdrängt man den Gedanken einer möglichen, entfernt in der Zukunft liegenden Demontage und erfreut sich lieber an diesem wunderbar einfach zu verlegendem System. Bis man dann wirklich demontieren muss. So wie wir - als sich Yvonne, Anni und ich an einem (wie soll es auch anders sein) herrlich verregneten Tag voller Tatendrang am alten Reitplatz getroffen haben.

Problem Nummer 1: Die Tretschicht

Der Ort des Geschehens wurde als Reitplatz und zugleich Auslauf genutzt. Die Tretschicht besteht aus einem Sand-Kies-Gemisch, das - bedingt durch das jahrelange Brachliegen - einer Betonkruste gleicht, die  streckenweise an schlammigen Treibsand erinnert. Eben eine Sinfonie aus Grau und Schlamm. In meiner grenzenlosen Naivität bin ich davon ausgegangen, dass so ein bisschen Tretschicht wegkratzen gar nicht so schlimm sein kann. Ich sollte eines besseren belehrt werden. 

An manchen Stellen war die Sinfonie gnädig und nur wenige Zentimeter dick, an anderen Stellen hingegen konnten wir über 10 cm Sinfonie messen, die uns höhnisch zum Wettkampf aufforderte. Gut, die Pferdefrau von Welt nimmt den Kampf natürlich an und versucht zunächst, sich adäquater Hilfsmittel zu bedienen. Weil wir dachten, auf alles gefasst zu sein, haben wir Yvonnes Reitplatzplaner an den Ort des Showdowns zwischen Superwomen versus Paddockplatten transportiert. Der Plan: Mit dem Schild des Planers so viel Tretschicht wie möglich von den Platten abzutragen. Eigentlich hat der Plan auch ziemlich gut funktioniert und die Pferdefrau von Welt konnte sich vorerst stolz auf die Schulter klopfen.

Bjj Reitplatzplaner
Yvonne auf der Wunderwaffe Reitplatzplaner! Das erfordert Präzisionsarbeit!

Das Gefühl des Triumphes war aber nur ein flüchtiger Besucher an diesem regnerischen und kalten Samstag. Denn obwohl der Planer ziemlich viel Tretschicht von den Platten schieben konnte, blieb noch genug höhnische Sinfonie für das manuelle Abtragen übrig. Mit Brecheisen bewaffnet wurde gebuddelt, bis wir endlich die Umrisse der einzelnen Platten sehen konnten. Stück für Stück und im Schweiße unseres Angesichts haben wir uns jedes Aufblitzen der Verbundfuge zwischen den Platten erkämpft. Wer es noch nicht selbst erlebt hat, kann es nicht nachfühlen: die olle Tretschicht war hart und tief, das ein oder andere Mal musste sogar der Hammer eingesetzt werden. 

Bjj Reitplatzplaner
Das Sand-Kies-Gemisch hatte Jahre Zeit, um sich dick und fest abzusetzen.

Problem Nummer 2: Das Verbundsystem

Ach ja, das vierseitige Verbundsystem. Die Sinfonie aus Grau und Schlamm hat natürlich nicht gereicht. Nein, da musste auch noch das Verbundsystem her. Und das Verbundsystem tut genau das, was es soll: es verbindet die einzelnen, quadratischen Platten so fest miteinander, dass nichts mehr rutschen oder aufkanten kann. Super Sache. Wenn man die Platten nicht trennen will.

In jede einzelne Verbundfuge mussten wir ein Stemmeisen schlagen, um die Verbindungslaschen aus der angrenzenden Platte zu hebeln. Und pro Platte genügt natürlich nicht das Lösen einer Verbundfuge. Es müssen vielmehr die Verbundfugen zu allen angrenzenden Platten gelöst werden, also die Platte oberhalb und seitlich. Das heißt auch, dass man nicht in der Mitte anfangen kann, sondern sich Platte für Platte in einer Reihe vorarbeiten muss. Yeah!

Hat man die Platte dann endlich von ihren Nachbarn gelöst, beginnt erneut der Spaß mit...genau! Der Tretschicht! Denn die Platten bestehen ja aus vielen kleinen Lochquadraten, in denen sich die Sinfonie aus Grau und Schlamm über die Jahre hinweg ein lauschiges Heim einrichten und sich schön festsetzen konnte. So wird die Sinfonie zum Hausbesetzer. Die Platten an sich sind ja nun schon keine Fliegengewichte. Mit der Tretschicht sind sie aber richtig, richtig schwer. Da musste die Pferdefrau von Welt ordentlich die Arme trainieren und beherzt anpacken. Sobald die Paddockplatte dann gelöst und aufgestellt war, durften wir nochmal kräftig mit Hammer schlagen, um auch die letzen Reste der Sinfonie zu lösen.

Paddockplatten verlegen, abbauen, rückbauen, Paddockbefestigung, TTE-Platten
Die TTE-Platten bieten viel Raum für die Sinfonie des Grauens. Sehr viel Raum...

Die Moral von der Paddockplatten-Geschichte

Noch steht es unentschieden zwischen den Superwomen und den Paddockplatten. Denn mehr als drei Stunden am Stück konnten wir nicht durchhalten. Unsere schmerzgeplagten Rücken und Arme machten einen Time-Out zwingend erforderlich. Gut, in den Stunden konnten wir auch einige Platten lösen. Und ich sehe die Angelegenheit auch positiv: Wenigstens muss ich mir die nächsten Wochen keine Gedanken darüber machen, wie ich meinen Samstagnachmittag verbringe. Ich bin sehr guter Dinge, dass der finale Sieg an die Superwomen geht.

Gerade Stallbetreiber, die kein eigenes Grundstück haben, sondern auf einem gepachteten Grundstück stehen, müssen sich aber darüber im Klaren sein: Sollte eines Tages der Rückbau der Paddockplatten notwendig werden, ist das ein sehr düsterer Tag. Denn die Platten sind gerade nicht ruckizucki demontiert. Es erfordert viel Arbeitseinsatz und -kraft, um die Teile auszubauen. Auch das Verlegen nimmt Zeit in Anspruch (darüber werde ich natürlich auch berichten): allerdings hat man bei diesem Arbeitsschritt ein Gefühl voller Vorfreude auf den matschfreien Paddock. Bei der Demontage muss man sich schon darüber freuen, wenn die Tretschicht mal nicht 8 cm dick ist.

Paddockplatten verlegen, abbauen, rückbauen, Paddockbefestigung, TTE-Platten
So sehen die Platten dann nach getaner Arbeit auf der Sackkarre aus. Und es ist eine echt beknackte Arbeit!

Deswegen ein Appell an all diejenigen, die glauben, in einem Offenstall sei die Pferdehaltung super billig. Erst neulich habe ich in einer Gruppe auf facebook gelesen, wie sich eine Nutzerin darüber echauffierte, dass der Betreiber des Offenstalls, in den sie ihr Pferd stellen wollte, ja wohl völlig "abartig ausbeuterische Preise" (ja, das ist ein Zitat) verlangt. Schön sind auch immer Aussagen, wie z.B. "Der Stallbesitzer erhöht die Miete, da stell ich mir mein Pferd lieber hinter´s Haus".

Ich denke, hier muss man durchaus differenzieren:

Besteht der Offenstall lediglich aus einer windigen Hütte auf nicht befestigtem Grund, womöglich noch ohne Strom und fließend Wasser, sind die Preise sicherlich den Umständen anzupassen. Wer aber einen Offenstall mit allem drum und dran möchte, d.h. mit Extras wie Liegematten, beheizten Selbsttränken, befestigtem Auslauf, womöglich noch zeitgesteuerter Heuraufe etc., der sollte doch mal ein wenig nachdenken: Erstens sind hier unglaublich große Flächen auszustatten - sei es mit Boxenmatten oder eben der Bodenfestigung. Und Ausstattung umfasst  den Anschaffungspreis ebenso wie die Arbeitszeit des Verlegens, Anbringens, Einbauens etc. Zweitens kostet eine beheizte Tränke im Offenstall genau so viel wie eine im Boxenstall. Offenstall heißt nicht "Billig-Stall"! Ganz im Gegenteil. 

Wer also glaubt, so ein bisschen Offenstall sei doch gleich hingestellt und kann nicht so viel kosten, der sei herzlich zur Demontage-Party der Superwomen eingeladen! Sie findet die nächsten Wochen immer Samstags statt. Und es gibt tatsächlich eine Ersparnis: Nach dieser wilden Party kannst Du Dir garantiert den Besuch im Fitnessstudio sparen.

 

Stay shettylicious! Ruth vom Team Shetty-Sport


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